Windrad-Urteil ist Klatsche für Rat und Verwaltung

Windrad

„Nach elf Jahren stehen Stadtverwaltung und Ratsmehrheit vor dem traurigen Scherbenhaufen ihres verzweifelten Kampfes gegen Windmühlen!“ Das ist das Resümee, das die GRÜNEN aus der Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen ziehen. Das Gericht  hat die Klage der Stadt Gladbeck gegen das Windrad auf der Mottbruchhalde am 23. März abgewiesen.

„Das Urteil ist eine demütigende Klatsche für Verwaltung und Rat“, folgert Grünenmitglied Bernd Lehmann nach Lektüre der Urteilsbegründung. „Alle von der Stadt vorgetragenen Einwände gegen das Windrad wurden vom Gericht als haltlos anerkannt!“. Sei es die aus Sicht der Stadt unzureichende Beteiligung durch die Kreisverwaltung, sei es die angeblich bedrängende Wirkung durch die Höhe der Anlage, sei es der vermeintlich unzumutbare Lärm oder auch der Artenschutz und das Landschaftsbild. Immer wieder heißt es in der Begründung: „Diesen eingehend begründeten und plausiblen Ausführungen hat die Klägerin [die Stadt] nichts Substanzielles entgegengesetzt und daher keine begründeten Zweifel an dem Vorbringen des Beklagten [dem Kreis] geweckt“ (z.B. S. 39, 2. Absatz).

„Mit allen Tricks wurde hier gekämpft, um eine Genehmigung zu versagen!“

Bernd Lehmann, stellv. Fraktionsvorsitzender

2011, also vor elf Jahren, wurde der erste Antrag zum Bau von Windrädern auf der Halde beim Kreis Recklinghausen gestellt. Seitdem kämpfen Verwaltung und Ratsmehrheit nahezu verbittert und verbissen gegen die Anlage, während Genossen und Christdemokraten auf Bundesebene engere Wirtschaftsbeziehungen mit Russland knüpfen und sich weiter von Importen fossiler Brennstoffe abhängig machen. „Mit allen Tricks wurde hier gekämpft, um eine Genehmigung zu versagen“, gibt Lehmann die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts wieder. Ein Bebauungsplan, der 2014 nur mit dem Ziel aufgestellt wurde, erneuerbare Energien auf der Halde auszuschließen, wurde vom Gericht als substanzlos beurteilt. Daher machte der Richter deutlich, dass auch die 2016 vom Rat eiligst erlassene Veränderungssperre „an einem zu ihrer Unwirksamkeit führenden materiellen Mangel [litt]“ (S. 33).

„Großtönig hatten Rat und Verwaltung immer, wenn wir den sinnlosen Klagewahn beenden wollten, skandiert, es ginge ums Grundsätzliche: Um die Verteidigung der kommunalen Planungshoheit“, wirft Lehmann einen weiteren Aspekt auf. Die Stadt beklagte, der Kreis habe die Anlage 2019 über ihren Kopf hinweg genehmigt. Auch hierzu urteilt das Gericht: „Der Beklagte [der Kreis] hat die Klägerin [die Stadt] vor Erlass des Genehmigungsbescheides […] in rechtlich nicht zu beanstandender Weise beteiligt“ (S. 17). Die Vorgehensweise sei von „Transparenz getragen“ (S. 22). Am 25. Januar 2019 hat es noch einen Erörterungstermin zwischen dem damaligen Bürgermeister Ulrich Roland und seinem SPD-Parteifreund, dem damaligen Landrat Cay Sübercrüb gegeben. Der Kreis machte seinerzeit deutlich, dass die Stadt „ ihr gemeindliches Einvernehmen zu Unrecht verweigert habe und er daher die Ersetzung beabsichtige“ (S. 6). Der Kreis zeigte das weitere Verfahren mit verkürzter Anhörung auf. „Die Vertreter der Klägerin [der Stadt mit Ulrich Roland] ‚signalisierten insoweit Verständnis‘“.

„Die elfjährigen Rechtsauseinandersetzungen waren eine Farce, eine Zeit- und Geldverschwendung und haben die dringend notwendige Energiewende verhindert“, so Lehmann. „Außerdem wurde ein konstruktives Miteinander mit dem Windradbetreiber zugunsten der Gladbecker Bürgerschaft und einer Haldengestaltung verhindert.“ Die GRÜNEN wollen nun in Erfahrung bringen, wie hoch die Prozess-, Anwalts- und Gerichtskosten für den Steuerzahler waren.

Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 23.03.2022